Von den Obergeschossen der Wohnburg in der Oase Mhamit standen nur noch einige Wände aus Stampflehm und die herabgestürzten Deckenbalken lagen kreuz und quer. Nur die Kammern im Untergeschoss waren noch halbwegs brauchbar. Hier in diesen fast lichtlosen Räumen erwartete Tarit mit seiner kleinen Truppe die Ankunft von Areksim's Truppe. Zwei seiner Imuhagh hatten sich auf den noch nicht völlig eingestürzten Turm heraufgewagt, von dem aus sie den Weg zum Palmenwald um die schmale Wasserfläche der Oase und den kleinen Seen selbst übersehen konnten.
Gegen Mitternacht erfassten die geübten Augen der Wachposten eine Bewegung auf dem Plateau im Osten. Die schnell näherkommenden Punkte wurden größer und größer. Bald erkannte er KeYNamM an seinem Pferd und erriet, dass es sich bei seinen Begleitern um Yufayyur und Ikken sowie zwei ihrer Kameraden handeln musste. Er verständigten Tarit, der den Herannahenden einen Reiter entgegensandte. Als KeYNamM schon nahe am See der Oase Mhamit waren, tauchte unerwartet die Vorhut von Areksim's Truppe auf dem Pfad auf, der zur Oase führte.
Der Tighremt, also die Wohnburg, klebte an der Steinwand des Südhangs. KeYNamM musste also mit seinen Männern den Palmenwald durchqueren um zu Tarit's Versteck zu kommen. Da Areksim's Truppe schon gefährlich nahe war, konnten sie die Pferde nicht mehr benutzen. „Steigt ab!", befahl KeYNamM, „Wir durchqueren den Palmenwald zu Fuß und du Wächter bringst die Pferde zurück auf das Plateau und wartest dort auf einen Befehl."
Plötzlich war die Nacht voller Rufe. Die fast verdurstete Truppe des Gouverneurs hatte die glitzernde Wasserfläche zwischen Palmen entdeckt. Die strenge Reitordnung löste sich im nächsten Augenblick auf. Von Durst getrieben sprangen die Söldner von den Pferden und rannten als ungeordneter Haufen zu dem flachen Gewässer, warfen sich am Ufer auf den Bauch und begannen so hastig ihren Durst zu stillen, als hätten sie nie zuvor Wasser gekostet. Weder die Kommandos Areksim, ihres Feldhauptmanns, noch von Udad, seinem Leutnant, noch von dessen Adjutanten konnten die Durstigen bremsen. Aber nicht nur die Söldner stürzten vorwärts, auch die Pferde waren nicht mehr zu halten. Sie galoppierten wasserwärts, überrannten dabei den einen oder anderen Söldner und stürmten in den flachen See um zu trinken. Als die Söldner den ersten Durst gestillt hatten, warfen einige ihre Kleider ab und tauchten ins Wasser, während die Pferde sich mit samt Sattel und Vorratssäcken im kühlenden Nass wälzten.
KeYNamM und seine Männer, die fast zeitgleich mit den Söldnern am gegenüberliegenden Ende des Sees angekommen waren, erfassten die günstige Gelegenheit sofort. Nur in ihre weiten Hosen gekleidet, ohne die verräterischen Gesichtsschleier und Überkleider, wateten sie ins Wasser und packten die ausgerissenen Pferde, die sich am weitesten von den Söldnern entfernt hatten, beim Zügel. Sie zerrten die widerstrebenden Tiere ans Ufer und begannen sie zur Wohnburg zu bringen.
Udad, Areksim's Unterführer, ritt kochend vor Wut am Ufer entlang. Er schrie Kommandos, verlangte brüllend die durchgegangenen Pferde ans Ufer zu holen und prügelte, als seine Befehle nicht sofort Erfolg hatten, mit seiner Reitpeitsche auf die nächststehenden Söldner ein. Als sein Blick auf KeYNamM's Gruppe fiel, die im Wasser auf die Pferde gestiegen war und sie mit Zureden und aufmunternden Schlägen an Land zwangen, war er zufrieden, dass sein Wutausbruch wenigstens bei einigen Männer Erfolg gehabt hatte. Als er jedoch genauer hinsah, fiel ihm auf, dass Reiter die Pferde in den Wald trieben und nicht zurück zum Westende des Sees, wo sich Areksim's Truppe befand.
Udad ritt im Galopp zu der Gruppe, die die Pferde aus dem Seen holte. Dabei fiel ihm auf, dass einer der Reiter klein und schlank war. Der ehemalige Oberkapo konnte sich nicht erinnern, einen Jungen unter den Söldnern gesehen zu haben. „Wer bist du? Komm her, Junge, du da! Wer bist du?" Als Ikken den Befehl nicht sofort gehorchte, drängte Udad sein Pferd in die Gruppe und versuchte ihn zu sich aufs Pferd herüberzuziehen.
„Lass die Finger von meinem Sohn, Udad, du Schlächter! Erkennst du mich? Erinnerst du dich noch an Azrur! Erinnerst du dich an den, den du in den Tod geschickt hast, auf der Himmelsleiter!" Udad erkannte plötzlich die Stimme! „KeYNamM? Du lebst noch? Du lebst schon zu lang, Amestan! Hier!" Er trieb sein Pferd neben das des Amestan's, riss seinen Dolch heraus und stach zu. KeYNamM beugte sich jedoch zur Seite und fing den Arm Udad's ab und zerrte ihm vom Pferd. Bevor sich der ehemalige Oberkapo aus dem Straflager an der Kristallmine gefangen hatte, sprangen zwei von KeYNamM's Begleiter vom Pferd und drückte ihn zu Boden. „Und jetzt?", fragte einer der Imuhagh, „Soll ich ihm die Gurgel durchschneiden?"
„Stopft ihm das Maul und nehmt ihn mit! Udad soll seine Schulden abzahlen."
„Was hat Feldhauptmann Areksim vor? Wer liefert ihm seine Informationen? Wie groß ist die Truppenstärke noch?" Diese und ähnlich Fragen prasselten auf Udad nieder, der in einem dunklen Loch des Tighremt's an einem Querbalken so an den Armen aufgehängt war, dass seine Fußspitzen gerade noch den Boden berührten. Der ehemalige Oberkapo und derzeitige Leutnant Areksim's schwieg eisern. „Wenn du nicht sprechen willst, bleib hängen bis du verfaulst. Du kannst all die Kinder, die du geschändet hast, um Hilfe anrufen, Azrur den Schönen z.B. den du in den Tod geschickt hast! Weder er noch ein Anderer wird dir helfen." KeYNamM stieß den am Balken Baumelnden an, damit seine Fußspitzen den Halt verloren und verließ dann die dunkle Kammer. Im Fortgehen rief er den Imuhagh zu, die Udad bewachten, „Macht mit ihn was euch Spaß macht! Er gehört euch!"
Tarit hatte seine Mannschaft schon in Gruppen aufgeteilt und verteilte jetzt die Aufgaben. Du, KeYNamM schleichst mit acht Männern um den See herum bis zum Ende von Areksim's Lager, bis dorthin, wo die Tragetiere angebunden sind und das Proviant liegt. Dort überwältigt ihr die Wachen, raubt soviel vom Proviant wie ihr tragen könnt und versucht den Rest zu vernichten. Vergesst nicht die Tragetiere loszubinden. Versucht sie jedoch nicht mitzunehmen, die laufen schon von alleine fort. Ich werde in der Zwischenzeit mit acht Männern zur Westseite des Waldes schleichen und mich der Stelle, an der die Pferde stehen, soweit annähern, dass wir sie mit Brandpfeilen in Panik versetzen können. Yufayyur und Ikken bleiben mit dem Rest der Mannschaft hier. Du, Yufayyur, bewachst mit drei Männern die Rampe, die zum Tor der Wohnburg führt. Ihr versteckt euch so, das ein Vorübergehender euch nicht sieht. Du, Ikken, nimmst einen Mann mit auf den Turm. Von dort übersiehst du die gesamte Oase und ihre Umgebung. Sobald sich Fremde der Wohnburg nähern, warnst du Yufayyur. Du schreist dreimal wie ein Kauz und wiederholst den Schrei bis Yufayyur mit dem gleichen Schrei antwortet. Wenn sich eine große Schar Feinde nähert, dann schießt ihr Brandpfeile in die Luft, um uns zu alarmieren. Dann kommen wir sofort zurück. Noch etwas Yufayyur. Wenn Udad, der Bock, Lärm macht, schneide ihm das Herz heraus!"
Der Feldhauptmann Areksim schrie nach Udad, „Verdammter Verbrecher, wo bist du wieder? Alles läuft kreuz und quer! Bring mit deinem Abschaum die verdammten Anfänger zur Räson! Schau, dass sie aus dem Wasser herauskommen und die Pferde wieder einfangen!"
Areksim hatte Udad noch in der Dämmerung verschwinden sehen, aber das war schon ein Weile her! Voller Wut gab er dem Pferd die Sporen, trieb es den schmalen Pfad am Seeufer entlang, dabei schlug er mit seiner Peitsche nach den Soldaten, die im Wasser standen. Auch am Ostende des Sees traf er nicht auf Udad, auch nicht auf sein Pferd. Noch wütender ritt er den gleichen Weg zurück zum Sammelplatz. Unterwegs keimte ein Verdacht auf. Udad war ein Verbrecher! War es möglich, dass er mit den Wüstensöhnen, den Imuhagh, gemeinsame Sache machte? Dafür würden die Zwischenfälle sprechen, der Überfall bei Meryems Quelle, die falsche Information über den Siebenziegenbrunnen, das faule Wasser an der letzten Wasserstelle. Er musste die altgedienten Soldaten, die er bisher zu Gunsten Udad's und seiner Brut vernachlässigt hatte, fest auf seine Seite ziehen.
Am Sammelplatz hatten die erfahrenen Soldaten begonnen ein Biwak aufzubauen, während andere die Pferde zusammentrieben und um sie für die Nacht festzubinden. Areksim trieb sein Pferd in die Mitte des Biwaks, richtete sich in den Sporen auf. „Mein Leutnant ist verschwunden, mit seinem Pferd verschwunden. Ich ernenne daher Maysar zum neuen Leutnant, sowie Tanan, Ayrad und Winsen zu seinen Adjutanten. Ihr Vier übernehmt sofort das Kommando von Udad's Vertrauten. Diese setzt ihr fest! Sie bleiben solange gefesselt, bis Udad's Verschwinden aufgeklärt ist!" Dieser Schachzug schien ihm richtig. Er würde seine alten Mitstreiter versöhnen und gleichzeitig die Probleme mit Udad's ehemaligen Kapo aus der Welt schaffen.
Die neue Führungsgruppe begann sofort zu handeln. Jede der Zwölfergruppen musste seine Pferde selbst bewachen, was auch hieß, dass die Pferde jetzt nahe bei den Feuern angebunden und mit Fußfesseln versehen wurden. Außerdem teilten sie Wachmannschaften ein, die im Laufe der Nacht einander ablösen sollten.
Tarit's und KeYNamM's Gruppen waren inzwischen auf den abgesprochenen Angriffspositionen eingetroffen und lagen dort auf der Lauer. Beide hatten sofort erkannt, dass die Neugruppierung Areksim's Truppe eine Änderung des Plans erforderlich machte. Tarit reagierte als erster. Er sandte die Hälfte seiner Männer KeYNamM zur Verstärkung und blieb mit nur vier zurück. Beide Gruppen beobachteten das Biwak und warteten geduldig bis der Nachtwind anzeigte, dass Mitternacht vorüber war. Als die Dunkelheit am tiefsten war, begann er mit dem Angriff.
Tarit und seine Männer schossen Brandpfeile in die Mitte des Lagers zwischen die angepflockten Pferde der dort lagernden Söldner. Die Feuerspuren des ersten Pfeilhagels am Himmel alarmierten die Wachen und ihr Geschrei weckte die Männer aus ihrem leichten Schlaf. Der stechende Geruch des Feuers und der Funkenflug der herannahenden Feuerpfeile machten die Pferde scheu. Sie begannen herumzutänzeln, versuchten sich loszureißen und als das nicht gelang, begannen sie mit den gefesselten Hinterbeinen auszukeilen. Der zweite Pfeilhagel vergrößerte den Tumult noch, denn die Söldner konnten die Pferde nicht beruhigen. Der Lärm weckte auch Areksim aus seinem unruhigen Schlaf. Er sprang auf, stieß Verwünschungen aus und begann Befehle zubrüllen. Die Mehrzahl der noch halbschlafenden Männer verstanden die Befehle nicht, nur einige der altgedienten Soldaten errieten sofort was zu tun sei. Sie packten ihre Waffen und als sie sahen, aus welcher Richtung die Pfeile kamen, formten sie einen Stoßtrupp und stürmten in diese Richtung. Tarit und seine kleine Gruppe hatte den Angriff erwartet. Sie schossen noch ein drittes Mal Brandpfeile in das Feldlager, verließen dann ihre Stellung und verteilten sich fächerförmig im Dunkeln. Areksim's Stoßtrupp stieß ins Leere, während Tarit und seine Männer das Lager umgingen und sich KeYNamM's Gruppe anschlossen.
Areksim vermutete die Gefahr im Norden, da von dort die Pfeile gekommen waren. Er vernachlässigte daher zunächst die Südflanke. Das machte sich KeYNamM's Gruppe zunutze. Als Tarit mit seinen Männern eingetroffen waren, hatten die Verteidiger des Reichs der Wüstensöhne fast wieder ihre volle Stärke erreicht und unternahmen einen Vorstoß in Richtung auf das Vorratslager des Expeditionskorps. Sie versuchten erst gar nicht bis zu den Säcken mit den Vorräten vorzustoßen, sondern warfen Feuertöpfe zwischen diese. Die zerplatzten beim Aufprall auf den Boden und die Mischung aus Steinöl, Harz und Salpeter ergoss sich über die Säcke mit den Vorräten, sie entzündete sich und ein Flammenmeer breite sich in alle Richtungen aus. Bald war das gesamte Nachtlager in stechend schwarzem Rauch gehüllt. Die Bewacher des Vorratslagers flohen hustend und kopflos in die Dunkelheit.
Währen dessen bemühte sich Areksim fluchend Ordnung in die Reihen der Expeditionskorps zu bringen. Sein Gebrüll konnte den Lärm der aufgescheuchten Männer kaum durchdringen. Erst nach längerer Zeit konnte er mit Hilfe seiner neuen Leutnants die Ordnung wieder herstellen.
Sofort nach dem Angriff zogen KeYNamM und Tarit sich mit ihren Männern bis zum Tighremt zurück. Dort formierten sie eine vorläufige Verteidigungslinie, gaben die jedoch wieder auf, als der erwartete Gegenschlag Areksim's ausblieb. Daraufhin beschlossen sie zwei Stoßtrupps mit jeweils fünf Männern auszusenden, die Areksim's Truppe von den Flanken überfallen sollten, während der Rest der Gruppe unter dem Kommando von Yufayyur am Fuß der Wohnburg zur Verteidigung zurückblieb.
KeYNamM, der als Bewohner des Draa mit Wasser vertraut war, begann den nächsten Angriff mit seinen fünf Männern von der Seeseite her. Ihr Ziel war es die Schlagkraft Areksim's Truppe weiter zu schwächen, ohne sich in einen direkten Schlagaustausch mit ihr einzulassen. Da sie sahen, dass der Feldhauptmann seine Truppe im Zentrum des Lagers versammelt hatte, beschlossen sie soviel Pferde als möglich freizulassen. Sie schlichen um die Gruppe herum zu den Pferden, durchtrennten die Fesseln an ihren Hinterbeinen und schnitten sie los. Die Tiere blieben zunächst verdutzt stehen, aber realisierten dann ihre Freiheit und trollten sich in die Dunkelheit.
Gleichzeitig führte Tarit seine kleine Gruppe um das Lager herum. Er plante vom Westen her anzuschleichen, um das Waffenlager, das sich dort befand, auszurauben. Auf den ersten Blick schienen die Behälter mit Pfeilen, Bögen und Lanzen unbewacht. Nach längerer Beobachtung entdeckte Tarit jedoch, dass sich die Wachen in den Büschen beiderseits des Platzes versteckt hatten. Er schlich allein im Bogen um deren Versteck und näherte sich ihnen dann winkend vom Versammlungsplatz der Truppe her, als würde er ihnen eine Botschaft von Areksim überbringen wollen. Die Wachen reagierten wie erwartet, verließen ihr Versteck und konnten von seinen Männern, die im Hinterhalt gewartet hatten, ohne viel Gegenwehr überwältigt werden. Tarit befahl seinen Männern die Bogen liegenzulassen und nur die Bündel mit Pfeilen und Lanzen zum Tighremt zu bringen.
Dort wurden sie schon erwartet. Von der Aussichtsplattform auf dem Turm hatte Ikken Späher bemerkt, die die Wohnburg umschlichen. Als diese dem Tighremt zu Nahe kamen, konnte sie Yufayyur schnell unschädlich machen. Er sperrte sie zu Udad in den hintersten Raum des Untergeschosses.
Als KeYNamM zurückkam, bereiteten sie alles zum Abzug vor. Die Pferde standen schon gesattelt in den Ställen und als Tarit mit seiner Beute auftauchte, saß die gesamte Truppe auf und verließ die Oase in Richtung auf das Ksar der Jinns.
Als Areksim dachte, er hätte nach dem Brand des Vorratslagers endlich Ordnung in seinen Haufen gebracht, kam der nächste Bote mit einer noch schlimmeren Nachricht, „Herr, Herr! Sie haben die Reservewaffen geraubt! Herr, die teuflischen Imuhagh haben die Wachen überwältigt und alle Pfeile und Lanzen mitgenommen."
Am liebsten hätte Areksim den Unglücksboten einen Kopf kürzer gemacht, aber so schrie er ihn nur an, „Ist denn keiner hier in der Lage seine Aufgabe zu erfüllen? Holt Pferde, wir müssen die Räuber einholen und bestrafen! Schnell!"
Da kam auch die nächste schlimme Meldung herein. „Die haben einen Teil der Pferde losgebunden. Die Tiere sind in die Nacht geflüchtet und halten sich nun im Palmenwald auf. Wir müssen sie erst einfangen!" Areksim begann zu fluchen. Er verfluchte erst den Gouverneur, dann seine eigene Mutter, dann seine Frau und zuletzt sich selbst. „Los, sammelt den Rest der Pferde und fangt die Weggelaufenen wieder ein! Ich brauche jetzt zwölf Freiwillige, die mit mir die Räuber verfolgen! Los!"
Die ersten, die sich meldeten, waren seine bewährten Soldaten, „Von euch nehme ich Acht mit, die anderen sind für das Lager verantwortlich!" Dann blickte er sich in der Gruppe der neu angeworbenen Söldnern um, „Du da, du da und ihr zwei dort, ihr kommt auch mit!" Das Hufgetrappel der Wegreitenden Imuhagh konnte Areksim gerade noch hören, als er am Tighremt ankam.
Er wollte sich schon auf die Verfolgung der Wüstensöhne machen, als ihn einer seiner Männer auf die gedämpften Schreie aufmerksam machte, die aus den Kellerräumen der Wohnburg drangen. Als ein Suchtrupp nach einiger Zeit aus dem stockdunklen Untergeschoss mit den befreiten Spähern zurückkam, musste Udad geschleppt werden, da er sich nicht auf den Beinen halten konnte. Vor Areksim ließen ihn die Kameraden los und er brach zusammen. „Was haben die mit dir angestellt! Ich hab mich wohl in dir getäuscht, Kapo!", sagte der Feldhauptmann mit entschuldigendem Unterton, „Als du gestern verschwunden warst, habe ich vermutet, dass du zu den Wüstensöhnen übergelaufen bis! Bist du wohl nicht! Was haben die mit dir gemacht?" Udad sagte erst nichts und dann nur, „KeYNamM hat ihnen befohlen, den Tod der jungen Burschen im Straflager zu rächen. Er gab ihnen freie Hand. Sie haben mich geschändet, einer nach dem Anderen hat mich geschändet. Die Imuhagh sind allesamt Bestien."
Die Morgensonne färbte die steilen Wände des Wadi rot. Tarit hob den Arm und befahl seiner Truppe 'Halt'. „Hier trennen wir uns! KeYNamM und ich haben abgesprochen, dass er mit fünf meiner erfahrensten Grenzwächter im Wadi weiter bis zum Ksar der Jinns reitet. Er wird auch die Pferde mitnehmen, die wird Areksim abgenommen haben. Der vielen Spuren wegen wird der Feldhauptmann denken, dass unsere ganze Truppe durch den Wadi zum Ksar der Jinns reitet." KeYNamM ergänzte „Mit Tarit treffen wir uns erst am Ksar!" Dann meldete sich Yufayyur, „Ikken und ich bilden mit Irat und Itri die zweite Gruppe. Unsere Aufgabe wird sein, vom Plateau aus Areksim's Bewegungen zu beobachten und wenn notwendig KeYNamM zu warnen. Irat und Itri sind mit von der Partie, da sie als Imuhagh aus dem Stamm der Angadh die Wüste hier wie ihr eigenes Zelt kennen! Wir werden die schnellsten Pferde nehmen!" „Und wir ...", Tarit wandte sich an die dritte Gruppe, „… wir nehme die Abkürzung quer über das Hochplateau zum Ksar der Jinns. Dort werden wir in den zerfallen Tighremt's rund um die Quelle alles vorbereiten, um Areksim und seine Männer passend zu empfangen. Ich gehe davon aus, dass KeYNamM rechtzeitig vor des Gouverneurs Feldherrn und seiner Truppe bei uns eintrifft." Damit bog Tarit mit der Hauptmacht in den nächsten Wadi ein, der nach Norden abzweigte und war bald den Blicken von KeYNamM entschwunden.
KeYNamM machte sich Sorgen um Ikken. 'Ich mache mir jetzt schon Sorgen wie ein richtiger Vater!', dachte er bei sich, und schüttelte den Kopf. 'Ich bin es ja schließlich auch und ich bin für ihn verantwortlich.'
Seit Beginn des Feldzugs hatte KeYNamM einen ganz neuen Ikken erlebt. War es der Tukumbut, der rote Hut, der angeblich einst König Gaya gehört hatte, war es die Abwesenheit von Aylal, Ikken's kleinem Bruder, den er sonst immer wie seinen Augapfel hütete oder war es die Freundschaft mit Yufayyur. Störte ihn diese Freundschaft? Ikken und Yufayyur waren unzertrennlich seit sie sich zum ersten Mal gesehen hatten. Sie hatten sich immer etwas zu erzählen und sobald andere in Hörweite kamen, begann sie zu tuschelten. Wenn sie sich unbeobachtet glaubten, hielten sie Händchen oder einer legte dem Anderen den Arm über die Schulter. KeYNamM war zuerst neidisch auf die enge Freundschaft zwischen den beiden. Dann aber erinnerte er sich an seine erste Zeit mit Tarit. Auch sie waren unzertrennlich gewesen, Tag und Nacht steckten sie zusammen. Er musste lächeln. Hoffentlich nutzt Yufayyur Ikken's Naivität nicht aus. Lass sie doch, sagte er sich dann, Liebe fällt hin wo sie hinfällt und Ikken hat schon gezeigt, dass er Verantwortung tragen kann.
„Ikken, Ikken!", er rief ihn zu sich, „Ikken! Auf ein Wort!" Der gab dem Pferd die Sporen und ritt heran, „KeYNamM-baba?" „Aufgeregt?", als Ikken ihn unverständlich ansah, sagte KeYNamM nur, „Der Auftrag kann gefährlich werden. Sei vorsichtig!" „Yufayyur ist bei mir! Zusammen passiert uns nichts!" Yufayyur drängte sein Pferd auf KeYNamM's andere Seite, „KeYNamM-baba!" fing er an und wurde plötzlich rot, „Darf ich auch Baba sagen, Amestan?" Als KeYNamM nickte, „Ich lass Ikken nie im Stich und Ikken wird mich nie im Stich lassen! Tarit und du, ihr seid auch immer füreinander da gewesen." Plötzlich blickte er zu Boden, „Er hat mir alles verraten, alles. Er hat mir alles erzählt!"
An der Abzweigung zum nächsten Seitenwadi verabschiedete sich Yufayyur und seine kleine Gruppe verschwand bald um die nächste Biegung des schmalen Trockentals. KeYNamM aber spornte sein Pferd und versuchte seine Männer einzuholen, die ohne ihn weiter geritten waren.