KeYNamM ~ König ohne Namen ~ German

Kapitel 13: Der Angriff an Meryem's Quelle

Tarit, KeYNamM und Ikken lagen am Rand der Klippe oberhalb der Quelle der Meryem und beobachteten was im Lager im Talgrund vor sich ging. Ikken war aufgeregt. Er wollte wissen, wie viele Männer dem Expeditionskorps angehörten. Da keiner der Späher genaue Angaben über dessen Größe hatte machen können, versuchte Ikken Areksims Söldner zu zählen. Das war in der grauen Dämmerung nicht einfach. Die Söldner des Imperiums lagen in Gruppen um die niedergebrannten Feuer, die Füße zur verlöschenden Glut gerichtet. Jeweils zwölf lagen um eine Feuerstelle. Da er fünf Feuerstellen zählte, sollten es 60 Soldaten sein. Die Späher hatten aber von acht Dutzend Reitern gesprochen, außerdem von fünf Männern, die die Versorgungsgruppe angehörten. Das waren nach seiner Rechnung 101 Männer. Außerdem waren da noch der Feldhauptmann Areksim, der Anführer der Strafexpedition, sein Adjutant Udad und dessen vier Helfer.

Ikken rechnete nach. Schreiben konnte er fast nicht, nur seinen Namen und den krakelig. Aber rechnen konnte er gut. Das hatte ihm seine alte halbblinde Muhme schon als kleinem Jungen beigebracht! Immer wenn er beim Rechnen einen Fehler gemacht hatte, zog sie ihn am Ohr und zeterte, „Wie willst du im Soukh dein Geld verdienen, wenn du nicht rechnen kannst! Streng dich an!" Es gehörten also nicht 60, nicht 101 sondern 106 Männer dem Expeditionskorps an. 60 konnte er sehen, aber wo waren die anderen?

Der Feldhauptmann Areksim, Udad und die Unteradjutanten hatten wahrscheinlich ihr Nachtlager vor oder sogar in der kühlen Höhle der Quelle der Meryem aufgeschlagen. Vielleicht lagerte dort oder unmittelbar vor der Höhle auch der Rest der Truppe mit Ausnahme der Versorgungsgruppe. Diese rastete mit ihren Mauleseln weiter unten am Bach. Dort, in einer provisorischen Koppel, waren auch die Pferde und der Nachtwind wehte ihren Geruch zu ihnen herauf. Die Frage war nur, wie viel Soldaten bewachten die Tiere, ein Dutzend oder weniger? Wahrscheinlich weniger. Tarit's Truppe umfasste aber nur seine zwölf Grenzwächter, zwölf Freiwillige aus dem Klan Yufayyurs, Tarit selbst, KeYNamM und ihn, Ikken, also 26 Männer und einen Vierzehnjährigen. Wie sollten die wenigen mit fast der vierfachen Anzahl Gegner fertig werden?

Tarits Flüstern störte ihn plötzlich in seinen Überlegungen. „Ich hole jetzt die anderen. Ihr beide wartet hier und wenn etwas Besonderes eintritt, dann ruft wie Wüstenlerchen." Tarit verschwand im Dunkel und Ikken kuschelte sich eng an KeYNamM, denn er zitterte in der kalten Wüstennacht vor Aufregung, weniger vor Kälte als vor Anspannung.

Endlich hörten sie leichte Schritte und Tarit tauchte mit sechs seiner Männer im Dunkeln auf. Zuerst wunderte sich Ikken, dass Tarit nur so wenige mitbrachte. Dann jedoch erinnerte er sich, dass die anderen sechs die Tiere auf der Koppel in Panik versetzen sollten. Sie würden daher weiter unten auf der Klippe oberhalb der Koppel Aufstellung nehmen.

Die weiten Übergewänder und die flatternden Kopfschleier ließen die kleinen, schlanken Männer gegen den grauen Nachthimmel noch größer und furchteinflößender erscheinen als bei Tageslicht. Tarit blieb kurz vor dem Rand der Klippe stehen, klappte die Abschirmung seiner Blendlaterne hoch und begann diese über den Kopf zu schwenken. Als von der gegenüberliegenden Seite das Lichtzeichen nicht sofort erwidert wurde, rief er dreimal wie ein Wüstenkäuzchen. Sogleich wurde sein Ruf von der anderen Seite erwidert und kurze Zeit später kreiste auch dort das Licht einer Laterne im Nachthimmel und bestätigte die Bereitschaft von Yufayyur Gruppe zum Angriff.

KeYNamM war inzwischen zu Tarit und seinen Männern zurückgerobbt und setzte, wie sie, den Bastknäuel am Vorderende des Pfeils in Brand, der mit Steinöl und Harz getränkt war. Auf ein leises Kommando hin schlossen acht Brandpfeile wie Kometen durch den dunklen Nachthimmel und schlugen mit einem Funkenregen im Talgrund dort ein, wo die Soldaten ihr Schlaflager aufgeschlagen hatten. Ein Hagel von Brandpfeilen, abgeschossen von den Männern auf der Klippe gegenüber, folgte nur Momente später.

Ikken konnte nicht erkennen, ob einer der schlafenden Söldner getroffen worden war oder die Brandpfeile zwischen ihnen eingeschlagen waren ohne jemanden zu verletzen. Die feurigen Boten riefen jedoch die beabsichtigte Wirkung hervor. Kleine Feuer loderten auf wo Ausrüstungsgegenstände oder Decken getroffen worden waren; Überraschungsschreie halten durch den Talgrund; aufgescheuchte Soldaten versuchten sich in Deckung zu bringen; unverständliche Kommandos ertönten.

Das war aber nicht alles. Als die sechs Wüstensöhne, die auf der Klippe oberhalb der Pferdekoppel auf den Beginn des Angriffs gewartet hatten, die Pfeile wie Kometen durch die Nacht zischen sahen, entzündeten auch sie ihre Brandpfeile und schickten sie in hohem Bogen ins Tal zu den ruhenden Tieren. Die brennenden Pfeile erschreckten die Pferde weit mehr als ihre Wächter. Aufgeschreckt begannen sie zu wiehern, stiegen hoch, stießen zusammen, überrannten nicht nur einander, sondern auch die wenigen Wachposten. Diese versuchten sie zu beruhigen, jedoch vergebens. Bald durchbrachen die ersten Pferde die leichte Umzäunung der Koppel, andere folgten und es gab kein Halten mehr. Die gesamte Herde drängte aus der Koppel und flüchtete ins Dunkel. Ein weiterer Pfeilhagel vergrößerte das eingetretene Chaos weiter.

Nach Beginn des unerwarteten Überfalls hatten sich die Söldner des Gouverneurs auf Befehl des Feldhauptmann Areksim im Schutz der leicht überhängenden Klippe vor der Quelle versammelt. Hier konnten sie von Pfeilen der Gruppe um Tarit nicht erreicht werden. Was sie jedoch übersahen war, dass sie jetzt immer noch ein exzellentes Ziel für Yufayyurs Männer auf der gegenüberliegenden Klippe bildeten. Diese begannen jetzt nicht nur mit Brandpfeilen zu schießen, sondern setzen auch Kriegspfeile ein, deren widerhakenbewehrte Spitzen schmerzhafte Wunden bei den Söldnern verursachten. Da die Angreifer auf den Klippen beiderseits des Wadi vom Talgrund nicht gesehen werden konnten, sah Areksim sofort ein, dass ein Gegenangriff mit Pfeilen nur Vergeudung von Material war. Er beschloss daher die Wüstensöhne zu Fuß angreifen zu lassen. Einer Gruppe schwer bewaffneter Männer befahl er daher den steilen Pfad zur Spitze der Klippe oberhalb der Quelle einzuschlagen und den Feind direkt anzugreifen. Eine andere Söldnergruppe sollte die Wüstenkrieger auf der gegenüberliegenden Klippe angreifen. Da es keinen direkten Weg zum Standort dieser Angreifern gab, musste der Söldnertrupp einen weiten Umweg nehmen.

Ikken wurde unruhig, als er bemerkte, dass die Söldner des Gouverneurs den steilen Pfad hinauf zu seinem Aussichtsplatz auf der Klippe stiegen. Er sprang auf, rannte zu Tarit und zog ihn zum Rand der Klippe, „Tarit, Tarit schau dort!" Aufgeregt deutete er auf die im Halbdunkel heranschleichenden Söldner. „Keine Angst, Ikken! Glaubst du wir haben nicht mit diesem Gegenangriff gerechnet!" Er drückte Ikken ein dickes Seilende in die Hand, „Hier, nimm das Seilende. Wenn du daran ziehst, löst du einen Steinschlag aus." Als Ikken sofort wild am Seil zu ziehen begann, bremste Tarit seinen Eifer, „Langsam, langsam, du darfst erst am Seil ziehen, wenn unsere Gegner die Hälfte des Anstiegs geschafft haben!" Beide warteten gespannt, dann befahl Tarit, „Jetzt!" Mit einem Ruck löste sich die am Tag zuvor aufgeschichtete Steinbank oberhalb des Pfades. Große und kleine Steine begannen zu Tal zu poltern, teils den steilen Pfades selbst entlang, teils direkt den Abhang hinunter zum Talgrund.

Die Spitze der Angreifer wurde von den Steinbrocken überrascht, die plötzlich den Berg heruntergeschossen kamen. Sie konnte nicht schnell genug reagieren und wurden wie Puppen vom Pfad gekegelt. Die Söldner, die hinter ihnen kamen, hatten mehr Glück und konnten mit blutigen Köpfen den Rückzug antreten. Durch den Steinschlag wurden weitere Steinbrocken aus der Steilwand gerissen. Der Steinschlag schwoll rasch zu einer Gerölllawine an, die auf die Soldaten niederprasselte, die sich am Fuß der Steilwand versammelt hatten. Viele wurden getroffen und trugen schmerzhafte Schrammen oder blutende Wunden davon.

Die Verwirrung, die durch die unerwartete Steinlawine hervorgerufen wurde, stieg weiter an, als plötzlich ein Trupp scheuender Pferde den Wadi hochgaloppiert kam und sich einen Weg durch die durcheinanderrennenden Söldner bahnte. Erst auf Befehl des Hauptmanns suchten die Söldner in kleinen Gruppen Deckung hinter Steinblöcken am Fuß der Steilwand, um den Steinhagel und den Pfeilen der Imuhagh kein Ziel zu bieten. Bis zum Tagesanbruch erfolgte jedoch kein weiterer Angriff. Die Männer Areksim's verließen ihre Deckung erst, als der Trupp, der das Gebiet oberhalb des gegenüberliegenden Steilhangs nach Wüstensöhnen absuchte, erschöpft aber unverrichteter Dinge zurückkehrte.

Ikken war überdreht. Der Überfall auf das Expeditionskorps des Gouverneurs hatte sein Herz rasen lassen, der Kometenschauer der Brandpfeile, die auf die schlafenden Söldner niedergingen; das Wiehern der verstörten Pferde, die alles überrannten, was sich ihnen in den Weg stellte; das Gepolter der Gerölllawine, die die Angreifer vom Pfad kegelte, das alles machte, dass er am ganzen Körper zitterte. Jetzt hielt ihn nur die Anspannung des Kampfes auf den Beinen.

Tarit und KeYNamM waren mit dem Ergebnis des Überfalls zufrieden, obwohl sie weder wussten wie viele der Söldner verletzt oder gar getötet, noch wie viele Pferde entkommen waren, noch wie hoch der Verlust Areksims Truppe an Material war. Beide waren aber sicher, dass sie einen Teilsieg errungen hatten und das Expeditionskorps geschwächt worden war. Die Späher, die die Feinde ständig beobachteten, würden bald über den Erfolg des Überfalls Auskunft geben können.

Tarit, KeYNamM und Ikken waren mit ihrer kleinen Truppe zur nächsten Wasserstelle wadiaufwärts unterwegs. Sie wurden nur noch von neun Männern begleitet, da die drei erfahrensten Grenzer den Auftrage erhalten hatten, jeden Boten Areksim's abzufangen, der den Gouverneur vom Fortgang der Strafexpedition unterrichten sollte. An der Wasserstelle, dem Siebenziegenbrunnen, wollten sie mit Yufayyur's Gruppe zusammentreffen, wodurch sich die Kampfkraft Tarit's Truppe mehr als verdoppeln würde.

„Warum nennt ihr die Wasserstelle 'Siebenziegenbrunnen'?", wollte KeYNamM von Tarit wissen, der neben ihm ritt. „Weil sein Wasser in der heißen Jahreszeit gerade ausreicht, den Durst von sieben Ziegen zu stillen. Sein Wasser wird zwar ausreichen, um unsere Wasservorräte zu ergänzen und unsere Pferde zu erfrischen, aber es reicht keinesfalls für eine so große Truppe, wie das Expeditionskorps des Gouverneurs." Dann begann Tarit zu kichern, „Wenn Areksim meint, dass sich seine Leute an der nächsten Wasserstelle, dem 'See des fauligen Wassers', mit dem kostbaren Nass versorgen können, dann irrt er. Das Wasser dort schmeckt zwar gar nicht so schlecht, aber wer es trinkt, der muss sich bald darauf übergeben und beginnt sich die Hose vollzumachen. Der Körper verliert dabei Wasser, immer mehr Wasser und anstatt dass dieses Wasser dir den Durst still, steigert es ihn!" „Die Söldner müssen also alles Wasser mit sich führen, Wasser für sich und ihre Reittiere."

KeYNamM schaute sich um, „Haben wir eigentlich vorgesorgt? Mein Wasserschlauch hier ist ziemlich leer." „Wir haben volle Wasserbehälter abseits der Route versteckt, außerdem gibt es Quellen, die nur Eingeweihten bekannt sind. Die Truppe des Gouverneurs muss aber zwei Tage reiten, bevor sie bei der Oase Mhamit auf ausreichend Wasser stößt. Von dort dauert es noch einen Tag, bis sie die Ksar der Jinns erreichen, wo der Weg zur Kasbah des Amenokal abbiegt.

Gegen Mittag traf Tarit's Gruppe am Siebenziegenbrunnen ein. Dort wartete Yufayyur mit seinen Männern schon auf sie. Die Gruppe lagerte im kargen Schatten einer Felswand. Die aufregenden Geschichten über seinen jungen Schwager, mit denen Tarit während des anstrengenden Ritts Ikken wachzuhalten versuchte, hatten ihn neugierig gemacht. Jetzt versuchte er zu erraten, welche der dort liegenden Gestalten in den grauen Übergewändern und den Gesichtsschleiern Yufayyur war. Das wurde ihm sofort klar, als sich einer von ihnen erhob und sie mit einer Verbeugung einlud, den schattigen Platz mit ihnen zu teilen. Noch mehr staunte er, als dieser weder Tarit noch KeYNamM als erste begrüßte, sondern vor ihn hintrat, „Junge mit dem roten Hut der Königs Gaya, sei gegrüßt! Deine Tat hat sich bis zu uns herumgesprochen. Ich soll dir im Namen meiner drei Schwestern danken, dass du und dein Bruder das Entkommen des Amestan ermöglicht habt! Sei willkommen im Reich der Wüstensöhne!" Dann, ohne im Mindesten schüchtern zu sein, küsste er Ikken auf beide Wangen und fuhr fort, „Ich darf dich doch Bruder nennen Ikken, Nachfolger Gaya's! Ich weiß, dass wir Brüder sind!"

Ikken erstaunte die wohlgesetzte Begrüßung. War das Yufayyur? Er sprach wie ein Gebildeter, einer der am Hofe eines Königs groß worden war, und nicht wie einer, der zwischen Zelten in der Wüste aufgewachsen war. Ikken brauchte einen Augenblick, dann erwiderte er die Begrüßung, „Du bist Yufayyur, Tarit's Schwager, richtig? Deine Begrüßung ehrt mich. Aber ich habe sie nicht verdient, ich bin nur ein einfacher Junge und den Hut des Königs hat mir eine alte Händlerin geschenkt." Dann fügte er hinzu, „Ich habe nichts Außerordentliches geleistet. Ich musste KeYNamM helfen. Ich konnte nicht zulassen, dass der Gouverneur noch einen Unschuldigen ermordet!" Dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und gab Yufayyur die Küsse zurück.

Yufayyur lächelte wurde dann jedoch ernst. Er verbeugte sich noch einmal tief von Ikken, „Vaterloser! Auch ich war ein Vaterloser und habe meinen zweiten Vater in Tarit gefunden, wie du in KeYNamM. Lass uns Brüder sein, wie unsere beiden neuen Väter Brüder sind."

₪₪₪

 

Jetzt, am frühen Abend, dösten die Pferde von Tarit's Männer mit hängenden Köpfen im längerwerdenden Schatten des Felshangs westlich des Brunnens. Die Imuhagh hatten ihnen Decken übergehängt, damit die heiße Luft den kühlenden Schweiß nicht so schnell wegtragen konnte. Die Männer lagen in ihren weiten Übergewändern gehüllt, den Gesichtsschleier über den Kopf gezogen, so nah als möglich an der schattigen Felswand, die jetzt die gespeicherte Hitze abgab. Alle waren durstig, doch warteten geduldig, dass Tarit den Befehl zum Trinken geben würde.

Ikken, der nur ein kurzes Hemd und seine rote Kappe, aber weder ein weites Übergewand, das Tekamist, noch einen Gesichtsschleier, den Tugulmust, wie sein neuer Freund Yufayyur, trug, lag eng an diesen gedrückt unter einer dicken Kamelhaardecke. Erschöpft von der Anstrengung der vergangenen Nacht und des langen Ritts am Morgen schliefen beide fest, obwohl ihnen der Schweiß in Strömen über die Gesichter rannte.

Yufayyur hatte einen wunderschönen Traum. Doch als er neben dem verschwitzten Ikken aufwachte, konnte er sich nicht mehr erinnern, warum der Traum so schön war. Aber er hatte etwas mit Ikken zu tun, dessen frischer Körpergeruch ihm in die Nase stieg. Auch Ikken erwachte plötzlich, versuchte sich aus Yufayyurs Umarmung zu befreien, drehte dann aber nur den Kopf und rieb seine Nase an seines neuen Freundes Wange und kicherte glücklich.

Was beide aufgeweckt hatte, war das flinke Getrampel der Hufe eines sich nähernden Pferdes. Ikken schlug die Decke zurück und erkannte im Licht des Spätnachmittags einen der Späher, den Tarit bei der Quelle der Meryem zurückgelassen hatte.

„Sie werden nicht vor Anbruch der Nacht hier eintreffen, Areksims Männer!" rief er schon von Weiten, „Ihre Pferde sind müde. Viele müssen zwei Männer tragen, da mehr als ein Drittel der Tiere in der Wüste verschwunden sind."

„Und die Männer, sind es noch alle? Wie viele sind verletzt?", fragte Tarit zurück, „Wie viele haben wir getötet?"

„Ich habe keine Toten gesehen, aber Areksim hat etwa ein Dutzend Verletzte an Meryems Quelle zurücklassen müssen. Seine Truppe ist also zusammengeschmolzen." Dann blickte er fragend zu Tarit, als wenn er sich nicht traute, seinem Feldherrn seine eigene Meinung mitzuteilen, „An Areksim's Stelle hätte ich den Kriegszug nicht fortgesetzt. Weiß er denn nicht, dass das Wasser hier nicht einmal für seine Soldaten reicht, geschweige denn für die Pferde!"

„Du hast recht, Späher! Bevor wir weiterreiten, werden wir den letzten Tropfen Wasser aus dem Brunnenschacht holen! Die sollen sehen, dass sie hier nicht willkommen sind." Dann drehte Tarit sich zu seinen Männern um, „Trinkt euch satt, füllt die Wasserschläuche auf, dann tränkt die Pferde! Areksim's Truppen dürfen hier keinen Tropfen Wasser finden. Wir reiten sofort weiter, zum 'See des fauligen Wassers'."

Als Tarit seine Truppen zum Abmarsch sammelte, ritt Yufayyur dicht an ihn heran, „Lass mich und Ikken zurückbleiben, wir sind so gut wie jeder deiner Späher. Ich verspreche dir auf Ikken gut aufzupassen!" Dabei hielt er seine Hand zum Schwur hoch. „Du kannst sicher sein. Wir werden nichts unternehmen, was uns gefährdet!" Tarit runzelte die Stirn und sah dann zu KeYNamM hinüber, der gerade sein Pferd sattelte und mit Ikken argumentierte. „Habt ihr das unter der Decke ausgeheckt?" Dann blinzelte er seinem jungen Schwager zu, „Wollt ihr alleine sein? Willst du mit Ikken allein sein? Mir ist gleich aufgefallen, wie du ihn ansahst, als du ihn erstmals angesprochen hast und Ikken schaute dich auch ganz interessiert an." Yufayyur wurde rot und versuchte seine Verlegenheit zu verbergen, indem er sein Gesicht mit dem Schleier verdeckte. „Wenn KeYNamM einverstanden ist, könnt ihr die ganze Nacht zusammenbleiben, aber haltet von Areksim und seinen Truppen genügend Abstand. Verliebte haben schon oft vergessen, wie nahe die Gefahr ist."

KeYNamM gab Ikken einen Klaps, stieg auf sein Pferd, „Ich lass dich ungern mit Yufayyur allein zurück! Aber du scheinst darauf zu brennen, mit dem Wüstensohn allein bleiben zu dürfen und ich dachte, Hiyya hat dir den Kopf verdreht!" Ikken's Gesicht war plötzlich so rot wie seine Kappe. Er senkte den Blick, „Hiyya und ich sind nur Freunde, auch wenn sie mehr sein möchte! Du erlaubst es also?" Dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und gab dem Amestan eine Kuss auf die Wange, „Danke KeYNamM-baba, du bist der Beste!"

₪₪₪