Madz ~ Schulzeit ~ (German)

Kapitel 13: Neue Schule, neuer Freund und eine Überraschung

Wir warteten schon in Alies‘ Minibus auf Haaki, das heißt Anders und ich warteten. Ich saß auf der Rückbank an der Fahrerseite und blinzelte unsicher durch das verstaubte Fenster hinaus über den Garten von Alies‘ Haus in Stadt Hallberg ins Tal bis über den Fluss. „Morgen beginnt ein neuer Abschnitt in Deinem Leben, Magnus.“ hatte mir Mama gestern mit viel Nachdruck gesagt! „Ab morgen besuchst Du das Gymnasium, das Hall-Internat! Streng Dich an, Junge! Enttäusch ja Herrn Lehrer Beck nicht und auch nicht Stadtpfarrer Mayer! Ohne die beiden hättest Du nie aufs Gymnasium gehen können!“

Anders für Anders! Also Andreas, meinen neuer „Bruder“ Anders hatte mich beim Frühstück angegrinst, „Neugierig bin ich auch, aber auf was anderes!“ hatte er mir versichert und wäre dabei fast am trockenen Brötchen erstickt. „Glaubst Du, dass alle meine alten Klassenkameraden wieder auftauchen werden?“ Er wackelte mit dem Kopf,  „Ich glaub nicht dran! Mindestens Egge ist durchgefallen! Ich gönn‘s ihm! Der hat mich immer lächerlich gemacht! Puppenspieler hat er mich genannt, seit er wusste, dass ich Monster baue.“ Draußen hatte mich Anders ungeduldig in den Bus geschubst, sich selbst auf den Klappsitz neben der Schiebetür gesetzt und sein Brötchen weiter gekaut. Plötzlich beugte er sich aus der offenen Seitentür, schaute die Straße zur Burg Hallberg hinauf und winkte, „Haakooon! Endlich Haakon! Schnelleeeer!! Wir kommen sonst schon am ersten Schultag zu spät.“

Zuvor als wir einstiegen, war Anders allerdings sauer gewesen, weil Alies ihm von seinem Stammplatz, dem Beifahrersitz, verbannt hatte. „Magst Du mich nicht mehr großer Bruder seit Haaki bei Dir übernachtet hat?“ Alies grinste nur und steckte Anders die Zunge raus. „Wird der jetzt immer neben Dir sitzen?“ „Sei nicht so eifersüchtig Halbbrüderchen, rück lieber enger zu Madz, der wartet schon auf Dich. Tröste ihn, er schaut ganz traurig drein!“ „Ich bin nicht traurig!“ schnaubte ich wütend, „Ich schau nur so aus!“ Natürlich war ich traurig. Am Samstag auf der Fahrt von Gondersdorf nach Stadt Hallberg war ich fürchterlich aufgeregt gewesen. Erst bei der Willkommensfeier am Abend hatte ich mich beruhigt, vor allem weil sich alle so nett um mich bemüht hatten. Zur meiner Überraschung war sogar Stadtpfarrer Mayer zum Festessen gekommen.

Der gestrige Sonntag war ebenfalls wie im Flug vergangen. Ich hatte alles Mögliche lernen müssen, alles was in einem Männerhaushalt zu tun war: d. h. selbst das Frühstück machen, selbst das Bett machen, selbst die Beete im Garten gießen, selbst das Abendessen zubereiten und das Geschirr spülen! Alles mussten mir meine neuen Brüder zeigen. Apropos Bettenmachen, Anders ließ seines natürlich heute Morgen ungemacht. Ich wollt‘s aber in unseren Zimmern ordentlich haben und machte es sofort, nachdem er nach unten in die Küche verschwunden war.

Gestern hatte ich den ganzen Tag keine Zeit gehabt mir Sorgen zu machen. Die kamen jetzt mir, umso stärker! Das erste Mal in eine Schule gehen, ohne dass Mama mich an Sachen erinnerte, die ich vergessen haben könnte. Ich vermisste jedoch Mama nicht nur deswegen, sondern weil sie Mama war! Meine Mama! Ich vermisste auch meine Oma, obwohl die immer zu streng war und sogar Eri, also Erika, meine neugierige Schwester. Hier hatte ich andere, die mich mochten. Anders natürlich, der am Abend im Bett mit mir Löffelchen gemacht hatte und Alies, seinen großen Stiefbruder, Paul, also Junglehrer Beck und Carlo, den Kaplan auf Burg Hallberg. Die würde ich beide auch gleich in der Internatsschule bei der Eröffnungsfeier des neuen Schuljahres sehen und nicht nur heute sondern von jetzt ab jeden Schultag.

Dann war da noch Haakon, Carlos jüngerer Bruder. Der war jetzt Alies‘ Freund und darum war Anders eifersüchtig auf ihn. „Anders!“ ermahnte ich ihn gestern Abend im Bett, als er  noch über Haaki und Alies maulte, „Anders! Haakon und Alies sind doch nur Freunde und Du bleibst sein Bruder. Du wolltest doch selbst, dass Alies einen Freund findet, so wie Du mich gefunden hast!“ Da war er zufrieden, zumindest für den Augenblick.

Jetzt kroch auch noch die Erinnerung an Gondersdorf in mir hoch! An Alles dort kam sie hoch! An das große Pfarrhaus, in dem ich seit sechs Jahren gewohnt hatte; an die Schule; den Fluss; mein Versteck auf der Helde; ja sogar an Helmes und sein Bubespitzle. War das alles vorbei? Natürlich!! Ich wollte, dass es vorbei war! Ich wollte ja weg! Nur weg! Nur weg von Gondersdorf, sagte ich mir immer! Ab jetzt ist alles neu! Neue Schule! Neue Schulkameraden! Neue Freunde! Ein neues ICH. Mein ICH musste neu werden! Aber ging das denn so einfach?

Haakon stieg ein. Als erstes legte er Alies seinen Arm um den Hals, „Na Kleiner, gut geschlafen? Auch allein?“ grinste er frech und verstrubbelte Alies die Haare. Dann drehte er sich zu mir und sah die Tränen, die mir über die Wangen liefen, „Ach! So traurig Madz? Na ja, Du musst wenigstens nicht eine Klasse wiederholen wie ich Sitzenbleiber. Du fängst ganz neu an. Glückwunsch!“ dabei wischte er mir die Tränen mit der Hand weg, „Du hast doch uns alle! Wir fünf schaffen das! Fünf gegen 500! Glaubst Du nicht, dass wir‘s schaffen? Wir schaffen das!“ lachte er, „Nicht Anders, wir schaffen‘s!“ Alies gab Gas und in kurzer Zeit standen wir vor dem Schuleingang, gerade noch rechtzeitig genug. um zum Beginn der Schuljahreseröffnungsfeier nicht zu spät zukommen.

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In der Aula musste ich mich zu den Sextanern in die erste Reihe setzen, direkt vor der Bühne. Wenn ich nach oben schaute, sah ich nur den obersten Teil des Rednerpults und darüber den Kopf des Redners. Der Hintergrund der Bühne war durch einen roten Vorhang verdeckt, vor dem sich der Schulchor aufgebaut hatte.

Ich sah mich nach Anders um. Nach einiger Zeit sah ich seinen Haarschopf. Sein Gesicht wurde vom Wuschelkopf eines Vordermanns verdeckt, mit dem er sich intensiv unterhielt. Haakons Rotschopf entdeckte ich weiter hinten. Als er sah, dass ich mit den Augen nach ihm suchte, winkte er mir zu. Beruhigt, dass ich meine Freunde so nah waren, wendete ich mich meinen Nebenmännern zu. Der links von mir war klein, blond und tadellos gekleidet. Ich streckte ihm die Hand zur Begrüßung hin, er ging jedoch nicht auf die Begrüßung ein, sondern bohrte andächtig in der Nase weiter und schaute zur Bühne hinauf. Der Junge rechts von mir überraschte mich mehr. Ich kam aus der fünften Klasse und sollte daher eigentlich größer sein, als die anderen Sextaner, die ja nach der vierten Klasse auf die Internatsschule wechselten. Mein Nebenmann jedoch war jedoch mindestens einen halben Kopf größer als ich und ziemlich kräftig gebaut. Ich schaute auf die Oberschenkel, die aus seiner kurzen, zu engen Hose hervor ragten. Ihr Umfang war mindestens doppelt so groß wie der meiner Schenkel und was noch erstaunlicher war, seine Haut war dunkelbraun, fast schwarz. Das Braun war ganz anders, als das meiner braungebrannten Beine. Ich wollte sichergehen und drückte mein Bein an seines. Richtig, sein Braun war anders. Das Bein meines Nachbarn zuckte bei der Berührung kurz weg. Er räusperte sich und drückte dann sein Bein ganz fest gegen meins. Seine dunkle Stimme fragte, „Wie heißt Du? Ich bin Odoc!“ Ich schaute erschrocken auf und blickte in dunkle Augen, die im Halbdunkel der Aula in einem dunklen Gesicht leuchteten, d.h. die Augäpfel leuchteten krass weiß und darin glänzten die Pupillen in einer braunschwarzen Regenbogenhaut. Er lächelte mich an, dabei entblößten die roten Lippen breite weiße Zähne. Ein Schwarzer? Ein richtiger Neger aus Afrika? Einer, wie die Nickneger auf der Sammelbüchse zur Weihnachtszeit? Ich blickte höher. Die schwarzen krausen Haare, die ich erwartet hatte, waren nicht da. Seine Haare waren ganz kurz geschoren. Es sah aus, als hätte er eine Kappe aus Samt auf dem Kopf.

Bevor ich ihm noch meinen Namen verraten konnte, begann der Chor mit seinem Begrüßungslied. Anschließend begann der Kopf über dem Rednerpult: „Willkommen im neuen Schuljahr! Besonders euch Sextaner heißt die Schule willkommen. Ich bin der Vertrauenslehrer, Herr Willich. Also Sextaner, wenn ihr Probleme habt, kommt zu mir. Und jetzt begrüßt unseren Rektor, Dr. Brewer, mit lautem Klatschen!“

Herrn Brewer hatte ich schon kennengelernt. Doch jetzt, vor den Schülern und Lehrern des Internats, bekam ich einen ganz anderen Eindruck von ihm. Bei meiner „Aufnahmeprüfung“ bei Stadtpfarrer Mayer hatte er wohlwollend ausgesehen, jetzt machte er einen strengen, fast herrischen Eindruck. Welches Gesicht war sein echtes? Das würde sich später zeigen. Ich hoffte es wäre ersteres.

Nach den Ansprachen des Rektors und meines Freundes (durfte ich das sagen?) Stadtpfarrer Mayer und einem weiterem Lied des Schulchors ging die Feier zu Ende. Wir Sextaner mussten warten bis alle andern Schüler ihre Klassenräume aufgesucht hatten. Dann scheuchte uns unser Klassenlehrer, Herr Briggs, in die Klasse. Ich beeilte mich nicht. Daher kam ich als einer der letzten im Raum an und hatte nicht mehr die freie Platzwahl. Die hinteren Plätze waren im Nu in Beschlag genommen worden, nur die vorne waren noch frei! Mein Glück! Der Platz, auf den ich es abgesehen hatte, war noch frei. Es war der Platz in der ersten Reihe, ganz links am Fenster. Gerade als ich mich hingesetzt hatte, tauchte Odoc als letzter in der Türe auf. Als er sah, dass der letzte Platz in der Klasse neben mir war, begann sein Gesicht zu strahlen.

Odoc braucht ewig, bis er sich endlich neben mir hinter den Tisch geklemmt und seine Tasche verstaut hatte. Er hatte die Frage nicht vergessen, die er mir in der Aula gestellt hatte, „Und wie heißt Du?“ „Magnus, Magnus Felden.“ sagte ich lauter als beabsichtigt. Die Antwort rief ein Stirnrunzeln bei Herrn Briggs hervor und die Ansage, „Ruhe! Erst steht jeder auf, sagt seinen Namen und wo er wohnt, also ob hier im Internat wohnt oder zuhause bei seinen Eltern!“

Zwölf der sechsundzwanzig Schüler wohnten im Internat, die andern zuhause, also in Stadt Hallberg oder in einem der benachbarten Ortschaften. Als ich als letzter aufgerufen wurde, zögerte ich einen Augenblick, „Nicht zuhause, nicht bei meiner Mutter, aber in Stadt Hallberg.“ Als Briggs die Stirn runzelte, ergänzte ich hinzu, „Mein neues zuhause, ist bei Freunden!“

Freunde war das Stichwort für Odoc. In der Pause erzählte er, „Ich muss hier wohnen im Internat, im einem Zimmer mit dem kleinen Nasenbohrer. Er mag nicht. Ich mach ihm Angst sagte er! Aber ich habe ihm nichts getan, ich war nur freundlich.“ dabei steckte er den kleinen Finger der Linken in sein linkes Nasenloch und äffte seinen Mitbewohner nach. „Kann ich nicht bei Dir wohnen? Dich mag ich mehr!“ „Nicht wenn Du in der Nase bohrst!“ lachte ich, „Aber bei Alies ist kein Platz mehr!“ Odo, in Zukunft nannten ihn alle Odo und nicht Odoc, zuckte mit den Achseln, „Ich mag Dich trotzdem mehr!“ verkündete er.

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In der großen Pause fing mich Anders vor dem Klassenzimmer ab. „Haakon ist drüben am Wäldchen, komm wir gehen rüber. Ich will Dir zeigen, wo man hier seine Ruhe haben kann.“ Das Internat lag außerhalb von Stadt Hallberg an einer Seitenstraße, die den Berg hinauf zum nächsten Dorf, einem Weiler, führte. Zwischen Schulgebäude und den Wohnhäusern für die Schüler erstreckte sich ein kleiner Park, der zur Anhöhe hin in einen Buchenwald überging. Im Park war der Aufenthalt während der Pausen erlaubt, nicht aber im Wald, den ein Zaun vom Internatsgelände abgrenzte. Die älteren Schüler hingen bei den Bänken beim Zaun herum, die jüngeren, vor allem die Sextaner, nahe am Schulgebäude.

Haakons rote Locken zeigten, dass er bei zwischen den Jungen seiner Klasse stand. Doch er schien noch keine Freundschaften geschlossen zu haben, denn er lehnte allein an einer dicken Ulme. Wir gingen zu ihm. „Haaki, wie war‘s bis jetzt, wem habt ihr als Klassenlehrer?“ fragte Anders sofort. „Steidle! Er soll Englisch und Geschichte unterrichten. Das heute sollte wohl Geschichte sein, war aber ziemlich einseitig! Nazipropaganda! Schwärmt für Recht und Ordnung! Sein Kunstverständnis scheint bei den alten Griechen stehen geblieben zu sein, vielleicht mag er noch Breker.“ Als er unsere Unkenntnis bemerkte, erklärte er, „Breker? Der verzauberte Hitler mit seinen knackigen Männerärschen!“ Dabei lachte er.

Odo war uns unbemerkt nachgekommen. Jetzt stand er neugierig aber unsicher etwa fünf Meter hinter uns unter einem Baum. „Habt ihr den mitgebracht?“ Haakon deutete mit dem Kinn auf Odo und rief dann neugierig, „Komm näher!“ Odo folgte der Aufforderung. Als er neben mir stand fasste er mich bei der Hand, als wollte er sich versichern, dass Haakon ihm nichts Böses tun würde. „Das ist Odo mein Banknachbar.“ stellte ich ihn vor, „Er wohnt hier im Internat und beneidet mich, dass ich bei Anders wohnen darf.“

Odo wurde rot, d.h. er wurde noch dunler und schaute zu Boden. „Wie kommst Du denn ins Hall-Internat? Du bist doch kein Brekertyp.“ Odo, der Haakons Andeutung bestimmt nicht verstanden hatte, gab Auskunft,  „Mein Vater ist aus Uganda, auch meine Mutter. Ich bin ein Acholi.“

„Acholi? Was ist das?“ hakte Haaki ein.„Das ist der Volksstamm meines Vaters. Die Acholi leben in Uganda am Weißen Nil. Der Nil, der durch Ägypten fließt, hat dort seine Quellflüsse. Der eine heißt Weißer Nil, der andere Blauer Nil.“ Das schien Odo schon vielen erklärt zu haben, dann wurde er unsicher und ich merkte er wollte uns etwas verraten, was nicht jeder wissen durfte, „Mein Vater ist bei seinem Volk, vielleicht? Genau weiß ich das nicht. Vielleicht hat er noch mehr Frauen und viele Kinder. Vielleicht habe ich noch viele Brüder.“ „Weißt Du denn das nicht?“ wollte Anders wissen. „Mein Papa hat mir das erzählt, aber er weiß es auch nicht so genau!“ Anders hakte nach, „Du hast doch gerade erzählt, dass Du nicht weißt wo Dein Vater ist. Wie kann er Dir dann erzählen, das Du viele Brüder hast?“ dabei tippte sich Anders mit dem Finger an die Stirn, schüttelte den Kopf und blinzelte mir zu. Odo merkte, dass Anders ihn für verrückt hielt und klärte uns auf, „Ich spinne nicht, wie Du meinst! Ich weiß wirklich nicht wo mein Vater und meine Brüder sind. Aber Papa ist nicht mein Vater, mein richtiger Vater also! Papa ist Deutscher und so weiß wie ihr. Er hat mich adoptiert und aus Uganda mit nach Deutschland gebracht!“

Er schaute ganz traurig, so dass ich ihn am liebsten gestreichelt und getröstet hätte. Anders jedoch hatte einen besseren Trost. „Du weißt nicht wo Dein Vater ist und ich weiß noch nicht einmal wer meinen Vater ist! Auch Madz kennt seinen Vater nicht!“ lachte er. „Wir passen drei zusammen, Du, ich, Madz und auch mein Halbbruder Alies, wir kennen unsrer Väter nicht! Nur Haakon hat‘s besser, er kennt Vater und Mutter und weiß wo sie leben.“ Plötzlich sah Odo weniger traurig aus. Vor der nächsten Stunde fragte Odo mich noch schnell, „Glaubst Du, ich kann auch der Freund Deiner Freunde sein?“ Ich konnte nur nicken, denn Lehrer Steidle kam durch die Klassentür und musterte uns einen nach dem anderen. Jetzt also Steidle dachte ich, der Nazi wie Haakon genannt hatte.

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Von der ersten Unterrichtstunde an, begann Lehrer Steidle Englisch- und Geschichtsunterricht zu vermischen. „Morning Boys!“ begann er, nachdem er auch den letzten von uns auf die Plätze gescheucht hatte. „Heute beginnen wir mit Geschichte! Geschichte umfasst die ganze Welt und da Englisch auf der ganzen Erde gesprochen wird, erlaube ich mir, den Unterricht abwechselnd in englischer und deutscher Sprache abzuhalten. Do you understand Boys? Does someone of you disagree?” Ich war erst einmal wie vor dem Kopf geschlagen, denn ich verstand nichts. "You have to get used to this language!" Einer meldete sich vorsichtig. "What's your name, young man?" Herr Steidle schaute ihn forschend an. "Your name? Wie heißt Du?" "Karl Ritter." "Are you disagreeing? Bist Du anderer Meinung? What's the problem? Hast Du damit ein Problem, dass ich mit euch Englisch spreche?" Karl schüttelte den Kopf meinte aber dann, “Ich versteh Sie nur nicht, bisher habe ich keinen Englischunterricht gehabt. Nicht in unserer Grundschule, die anderen auch nicht. Ich verstehe nichts!”

Theatralisch blickte Herr Steidle zum Himmel, d. h. zu der grauen Decke des Klassenzimmers und ließ dann den Blick über die Klasse schweifen. Damit wollte er wohl seine Verzweiflung über unserer Doofheit andeuten. Dann begann er uns nacheinander zu fixieren. Mir lief die Gänsehaut über den Rücken und ich war nur wenig erleichtert als sein Blick an Odo hängen blieb. „Young man, you at least should be able to understand me. Isn‘t it so? I bet your parents are born in an English speaking country. I am right?“ Ich drehte meinen Kopf zu Odo. Sein Gesicht war noch dunkler als zuvor. Er schien rot geworden zu sein. Er hatte den Kopf gesenkt und starrte auf die Bank. „Odo, Odo, Herr Lehrer Steidle wollte etwas von Dir wissen. Ich versteh bloß nicht was. Kannst Du Englisch?“ Dabei legte ich ihm den Arm über die Schultern, was wohl komisch ausgesehen haben muss, da ich viel kleiner war als er. Lehrer Steidle lachte kurz.

Meine Berührung gab Odo wohl den notwendigen Mut. Er stand auf. „Ich verstehe etwas Englisch, Herr Lehrer. Du,“ er pausierte, „Sie haben gefragt, ob wir einverstanden sind, dass Sie im Unterricht Englisch sprechen?“ „Correct and what‘ s your name and where do you come from?“ „I am Odoc Aginya and my father lives in Uganda!“ „Don‘t be shy young man. Your English sounds fine but sort of strange, but for the moment I appoint you to be my interpreter. Now go ahead and tell you classmates your name and where your father is living. Do it in German!“

Odo drehte sich in der Bank um, zumindest versuchte er es. Als er merkte, dass er Bank mit seinem fetten Po fast umgestoßen hätte, trat in den Gang zwischen den Bänken, “Ich bin Odoc Aginya und mein Vater ist aus Uganda. Ich soll versuchen Herr Lehrer Steidles Sätze zu übersetzen, wenn ihr sie nicht versteht.” Er drehte sich halb zu Herr Steidle, “Richtig?” “Correct, young man! Now I have a special task for you all. In two days we will have another History-English-lesson. Your assignment is, to find out where Uganda is situated and why the Ugandeans are speaking English!” Er nickte Odo aufmunternd zu, als der sich bemühte die Aufgabe für die nächste Stunde zu übersetzen.

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In der Pause bemerkte ich, dass die anderer Klassenkameraden Odo nicht mehr von oben herab ansahen, ja manche sogar seine Aufmerksamkeit suchten. Am Mittag musste ich Haakon unbedingt sagen, dass Herr Steidle doch kein sooo schlimmer Nazi zu sein schien, wie er behauptet hatte. Schließlich hatte er Odo sogar zu seinem Übersetzer ernannt. Das nahm ich mir ganz fest vor! Jedenfalls hatte Steidles Trick Odo das Ansehen meines neuen Freundes in der Klasse wesentlich verbessert. Aber was wäre gewesen, wenn Odo versagt hätte?

Endlich draußen vor dem Schulzimmer zog mich Odo von den anderen Schülern weg. Als wir allein unter einem Baum saßen, fing er plötzlich an zu erzählen. „Englisch hab ich im Lager gelernt. Das war bevor mich Papa adoptierte und mit hierher brachte.“ „Lager?“ fragte ich entsetzt, denn bisher hatte ich nur von den Konzentrationslagern gehört. Andere kannte ich nicht. „Haben sie Dich dort gequält, haben sie dort Menschen umgebracht ? Sind dort Menschen verhungert, gestorben?“ Odo schüttelte den Kopf, „Nein, nein! Im Lager haben sie uns geholfen, uns beschützt. Wir sind ins Lager geflüchtet, weil die Soldaten von der Lord‘s Resistance Army die Dörfer überfallen, geplündert und viele Acholi umgebracht haben. Die Lord‘s Resistance Army, die Armee von Joseph Rao Kony, hat die ganze Acholi-Region terrorisiert. Seine Soldaten sind von Dorf zu Dorf gezogen, haben den Bewohnern die Nasen abgeschnitten, die Arme abgehackt, die Mädchen verschleppt, die Jungen als Träger mitgenommen oder zu Soldaten gemacht. Wir hatten so Angst, dass wir abends immer unser Dorf verlassen haben und einen langen, langen Weg bis zur nächsten Stadt gelaufen sind. Dort haben wir übernachtet und sind am nächsten Morgen wieder zurück nach Hause gelaufen.“

Ich war schockiert! Noch nie hatte ich von der  Lord‘s Resistance Armee gehört, noch von ihrem grausamen Anführer, noch von den Gräueltaten, die die Soldaten begannen hatten. Aber es kam noch schlimmer! Odo erzählte weiter, „Eines Morgens als wir zum Dorf zurückkamen hatten die Soldaten alle Hütten niedergebrannt. Ich habe mit den anderen Kindern den ganzen Tag im Schutt nach unsern Eltern gesucht. Sie waren weg! Hoffentlich waren sie entkommen! Als es Nacht wurde, sind wir wieder in die Stadt geflüchtet und dort blieb ich im Lager.“ Odo schaute mich traurig an. „So war das. Im Lager habe ich Papa kennengelernt. Mit ihm bin ich dann hierher gekommen.“  Ich hätte gern noch mehr erfahren über Odos Heimat erfahren, aber da war die Pause zu Ende und wir mussten in den Klassenraum zurück.. Beim Zurückgehen sagte mir Odo noch, „Papa ist jetzt wieder in Uganda. Vielleicht findet er dort meinen Vater und meine Mutter! Er hat‘s versprochen! Er wird sie suchen.““

Die nächste Stunde war Mathe, mein Lieblingsfach. Dann kam die Mittagspause und wir fielen wie die Heuschrecken im Esssaal ein. Am ersten Schultag fiel der Nachmittagsunterricht aus und nach dem Essen warteten Haakon und Anders schon an vor der Schule auf mich und zogen mich fort. Ich konnte von Odo daher heute nichts weiter über sein Leben erfahren.

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Mit dem Bulli war die Strecke zwischen Alies‘ Haus in der Kirchgass und dem Hall-Internat nur ein Klacks, knapp 6 Minuten. Jetzt, da wir den Weg zu Fuß zurücklegen mussten, dauerte es ganz schön lang. Anders jammerte, „Sonst fahr ich mit dem Fahrrad, da bin ich in zwölf Minuten zuhause, aber zu Fuß? Alies wollte mich ja nicht fahren lassen, denn ihr beide habt ja keine Räder!“ Ich musste ihm recht geben, denn die Mittagssonne brannte auf unsere Köpfe und erst nach 20 Minuten kamen wir müde und verschwitzt zuhause an.

Als sich Haakon verabschiedete, um die 10 Minuten bis zur Hall-Burg allein zu gehen, erinnerte er mich, „Du musst Odo bitten uns mehr erzählen. Ich habe von den Grausamkeiten der LRA in der Zeitung gelesen. Die wüten ja nicht nur in Uganda, sondern überfallen auch Dörfer im Süd Sudan, der Republik Kongo und der Zentral Afrikanischen Union. Die Leute dort glauben, der Rebellenhauptmann sei unverwundbar.“

Am Abend erwartete mich eine weitere Überraschung. Vor sich hin pfeifend kam Alies nach hause. Als er uns müde auf Anders Bett lümmelnd fand, meinte er bloß, „Hat die Schule euch fertig gemacht! Gewöhnt euch dran, Schule ist Schule und Ferien sind Ferien. Ich hab die Schule geschmissen, zum Glück!“ Dabei packte er mich an beiden Beinen und zog mich vom Bett. Er strahlte mich an! Als ich ihn verdattert anstarrte, meinte er nur, „Komm Kleiner, ich hab was für Dich, eine Überraschung!“ Als ich noch verdatterter dreinschaute, „Komm, unten zum Bulli.“ Bevor sich meine Verwunderung noch gelegt hatte, waren er und Anders schon aus dem Zimmer und unten am Auto. „Trarara! Trarara!“ johlte Alies, riss die Hecktür auf, „Trarara! Hier Dein neues Fahrrad, Kleiner!“

Ich riss die Augen auf! Drin lag ein rotes Rennrad, ein staubiges Rennrad zwar, aber mit Gangschaltung und ganz schmalen Reifen! Natürlich nicht neu, aber toll! „Du musst‘s nur waschen, dann blinkt es wieder wie neu. Die Reifen sind platt, aber ich habe neue Schläuche und Bremsgummi besorgt. Geölt muss es auch noch werden. Hilfst Du ihm Brüderchen?“ fragte er Anders.

Ich konnte nur stottern, „Aber Alies, ich hab doch kein Geld!“ „Geschenkt ist geschenkt!“ lachte Alies, „Ich hab‘s einem Freund aus den Rippen geleiert. Der braucht‘s nicht mehr. Es ist so und so zu klein für ihn.“ Dann musterte er mich von oben bis unten, „Kannst Du überhaupt Radfahren!“ Ich zögerte, da ich bisher nur ab und zu mit dem Fahrrad meiner Mutter gefahren war, „Ja, natürlich! Aber ich weiß nicht wie ich über die Stange kommen soll. Mama hat ein Damenfahrrad!“ „Das lern ich Dir noch. Heute Abend und morgen fahren wir zusammen zur Schule.“ lachte Anders und schnappte sich das Rad. Bevor es dunkel wurde, waren das Rad geputzt und die Kette geölt, die neuen Schläuche montiert und die Bremsgummi eingebaut. Anders tat die meiste Arbeit und plapperte so fröhlich, als ob er das Rad geschenkt bekommen hätte und nicht ich.

Mir war etwas schummerig im Magen, als das Rad fahrbereit vor dem Haus stand. Ich hatte noch nie ein Herrenfahrrad gefahren, also eines mit Stange, hatte aber immer die Jungs bewundert, die mit dem linken Fuß aufs linke Pedal stiegen, sich mit dem rechten ein- oder zweimal kurz abstießen, anschließend das rechte Bein elegant über den Sattel schwenkten, mit den rechten Fuß das rechte Pedal fanden und blitzschnell losbretterten. Ich hatte das einmal probiert und war auf die Nase gefallen. Jetzt sollte ich das plötzlich auch machen? Ja, ich musste das machen, denn ich wollte mich ja nicht blamieren. Wenn ich nur daran dachte, begann ich richtig zu schwitzen.

„Das Rad ist fertig Madz! Ich hol meins und dann geht’s los.“ rief Anders aus der Garage und Alies mahnte, „Vergiss nicht, das Rad hat keinen Rücktritt. Der Griff an der linken Seite des Lenkers bremst das Vorderrad, der auf der rechten das Hinterrad. Sei vorsichtig. Die Bremsgummi sind neu!“

Es gelang mir natürlich nicht elegant aufzusteigen. Als auch der fünfte Versuch misslangen, schwang ich erst das rechte Bein übers Rad und stellte mich dann zur Abfahrt auf. Anders kam mit seinem Rad, schwuppdiwupp sprang er auf und raste die leicht abschüssige Kirchgasse herunter. Ich hinterher! Bis zur nächsten Kreuzung ging es gut. Dann bremste ich, natürlich nur mit der Vorderradbremse und viel zu stark! Das Hinterrad hob sich vom Boden und das Vorderrad stellte sich leicht quer. Zum Glück flog ich nicht über den Lenker, sondern schlug mir nur das Kinn auf der harten Lenkstange auf.  Anders bremste ab und kam zurück, „Alles gut? Madz Du blutest ja.“

Ich überlebte den „Unfall“, aber wurde am nächsten Morgen von Odo gehänselt, „Hast Du einen Boxkampf gegen Anders verloren? Um was ging‘s denn, um den Nachtisch?“ Odo hatte nämlich gestern beim Mittagessen herausgefunden, dass ich Himbeereis mindestens ebenso so heiß liebte wie Bouletten. Danach erzählte ich ihm natürlich alles von meinem neuen Fahrrad, „Ein richtiges Rennrad!“ betonte ich immer wieder.

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In der Rellistunde kam Stadtpfarrer Mayer zu uns Sextaner. Eigentlich hätte Carlo, also Kaplan Carstens, die Stunde halten sollen. Aber Pfarrer Mayer war auf die Neuen neugierig, vielleicht auch nur auf mich, schließlich hatte er mir den Platz im Internat vermittelt. Erst betete er mit uns, dann ging er von Schüler zu Schüler und begrüßte jeden mit Handschlag. Bei Odo, also Odoc Aginya, blieb er stehen. „Ich kenne ja viele Namenspatrone, aber einen heiligen Odoc kenn ich nicht. Kannst Du mir sagen, wer das ist?“

„Den Namen Odoc tragen die Rwots, d.h. Chief, aus der Volksgruppe der Acholi die zu dem Volk der Luo (Lwo) gehört. Papa kennt die Bedeutung des Namens auch nicht.“ Odo zuckte mit den Schultern. „Aber mein zweiter Name Luke, das heißt hier Lukas, der Evangelist!“ „Lukas? Ein schöner Name, Odoc klingt aber auch gut im Deutschen. Wie nennen Dich denn Deine Eltern?“ „Odo, Madz nennt mich so und Anders auch.“ „Du meinst bestimmt Magnus, Deinen Banknachbarn?“ dann wandte er sich zu mir, zeigte auf das Pflaster auf dem Kinn, „Heute schon geboxt? Irische Prinzen sollten sich nicht prügeln!“ Bei dem Wort Irische Prinzen horchten die anderen Schüler auf. Als Pfarrer Mayer das merkte, lachte er, „Erzähl uns was Du über den heiligen Magnus weißt, die anderen sollten sich schließlich auch über ihre Namenspatrone kundig machen.“

Ich brauchte das aber heute nicht, da die Stunde fast vorbei war. Pfarrer Mayer schloss vielmehr kurz die Augen, wie um besser nachdenken zu können und bestimmte dann, „Am Freitag muss jeder von euch etwas über seinen Namenspatron wissen, wenn er nichts findet, dann sucht er den berühmtesten Mann mit dem gleichen Vornamen und erzählt was der geleistet hat. Berühmte Männer können auch Vorbilder sein, nicht nur Heilige!“

Im Hall-Internat machte der Unterricht richtig Spaß, ob es Mathe war, Bio, Geschichte oder Deutsch. Ja sogar Deutsch mochte ich hier, weil wir über eine Geschichte diskutieren durften und beim Diskutieren die Rechtschreibung keine Rolle spielte. Etwas vermisste ich aber. In Gondersdorf hatten wir im Turnunterricht meist Spiele im Freien gemacht, hier mussten wir in die Turnhalle und Geräte turnen. Das war neu für mich und schon in der ersten Stunde fand ich‘s fad und langweilig, besonders weil wir uns nach jeder absolvierten Übung wieder am Ende der Schlange anstellen mussten. Jedoch nicht deswegen allein. Ich war zum Turnen nicht begabt. Beim Heimradeln beschwerte ich mich bei Anders, „Du, Geräteturnen ist öde“ den eigentlichen Grund wollte ich mir nicht eingestehen, „und ich schaff keine einzige Übung! Ich glaub, ich habe viel zu schwache Arme zum Turnen. Am Barren hing ich wie ein nasser Sack, hat der Lehrer gesagt und beim Bodenturnen flog ich beim Handstand voll auf den Hintern!“

Am Abend schneite Pollux herein, „Ganymed, Ganymed, was musste ich hören, mein bester Soldat kann nicht turnen!“ Ich wollte schon anfangen zu heulen, da nahm er mich in den Arm, „Turnen mocht ich auch nicht! Ich und Castor haben uns immer vor dem Turnen gedrückt. Als das in den späteren Kassen möglich wurde, haben wir Tischtennis an Stelle von Turnen gewählt. Übrigens ich soll Dich von ihm grüßen. Er hat nur viel zu tun und heute Abend noch Gruppenstunde mit der Pfarrjugend. Gestern mussten wir den Unterricht für die ganze Woche vorbereiten und ich konnte nicht vorbeikommen.“

Ich hatte schon heulen wollen, aber jetzt war ich glücklich. Wenigstens einer aus Gondersdorf! Einer den ich kannte und richtig mochte. „Jetzt kommst Du aber mit zu mir!“ kündigte er plötzlich an, „Schnell, schnell!“ Ich konnte mir nicht vorstellen, warum er es Pollux plötzlich so eilig hatte, denn ich hätte ihm zu gern gezeigt, wie ich mir mein Zimmer eingerichtet hatte. Dazu ließ er mir aber keine Zeit.

Als wir nach einigen Schritten die Kirchgass hinauf bei dem Haus ankamen, in dem seine Wohnung war, hörten wir auf der Straße schon ein Telefon klingeln. „Schnell, schnell, komm zum Telefon. Sonst legen die auf!“ In der Wohnung reichte er mir schnell den Hörer, „Für Dich! Überraschung!“ Mama war am Apparat! Oh, war ich froh! Drei Tage ohne Mama, ohne Schwester, ohne Oma! Wie ich die vermisste! Sogar die Plage, mein kleine Schwester Eri! Ich heulte fast vor Freude, aber als ich meine Mutter schluchzen hörte, spielte ich den starken Mann und erzählte ihr nicht, dass ich am ersten Schultag vor Traurigkeit erst einschlief, als Anders zu mir ins Bett gekrochen war. Ich hatte ihr soviel zu erzählen! Von der Schule, von Anders, Alies und Odo, von dem Fahrrad und und und……..Als wir auflegten, mussten wir schon ein halbes Vermögen vertelefoniert haben. Aber das war‘s wert!

Pollux, also Paul, führte mich durch seine Wohnung, die viel geräumiger war als die in Gondersdorf und begleitet mich dann zu „Kurzwelle, Langwelle, Dauerwelle“ zurück, wo uns Haakon vor dem Haus begrüßte. Er war mit dem Fahrrad von Carlo gekommen, seiner Schultasche und einen Rucksack. „Ab morgen fahr ich mit euch zur Schule, ich kann euch doch nicht in dem dichten Verkehr allein fahren lassen!“ Dabei grinste er teuflisch, denn hier in Stadt Hallberg fuhr höchstens alle fünf Minuten ein Auto. „Und wo willst Du schlafen?“ wunderte ich mich, „Na, wo denn wohl? Das Bett von Alies ist breit genug für zwei!“ lachte er, wurde aber dabei rot!

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Am Freitag hatten wir in der letzten Stunde Reli. Heute waren meine Klassenkameraden dran und musste ihren Namenspatron vorstellen. Ich langweilte mich bald, denn die meisten Vornamen waren die von bekannten Heiligen wie Josef, Martin, Pius, Anton usw. und an deren Lebensgeschichte erinnerte ich mich fast immer. Gerade als die Glocke das Ende der Stunde ankündigte, brannte mir noch etwas auf der Zunge und ich meldete mich.

„Herr Stadtpfarrer, wenn sein Vater und wir Odoc immer Odo nennen, dann hat er doch einen Namenspatron, den Heiligen Odo von Cluny. Kann er nicht den als Namenspatron nehmen. Dann könnte er am 18. November Namenstag feiern.“ Stadtpfarrer Mayer nickte, schien aber noch nicht ganz überzeugt. Also versuchte ich ihn zu überzeugen, „Odo war in Cluny Abt eines Benediktinerklosters. Er wurde vom Papst und den Fürsten hoch geschätzt. Trotzdem war er sehr bescheiden und immer folgsam. Als er Novize war, hat ihn sein Abt eines Tages zu sich gerufen. Odo hatte gerade Brosamen in der Hand, die er in den Mund stecken wollte. Er eilte sofort zum Abt. Der fragte ihn ungehalten fragte, was er so krampfhaft in der Hand hielte. „Brosamen“, sagte Odo, „die darf ich doch nicht vergeuden!“ Der strenge Abt glaubte ihm nicht und befahl ihm die Hand zu öffnen. Da hatten sich die Brosamen in schimmernde Perlen verwandelt. Da fiel der Abt vor Verwunderung vor dem Novizen auf die Knie!“

Stadtpfarrer Mayer lächelte „Und, was lehrt Dich das?“ „Man darf nichts vergeuden, auch keine Brosamen, soll uns das sagen! Hab ich recht?“ Meine Mitschüler begannen zu lachen, aber er meinte „Gute Antwort, Magnus!“

Während die andern schon aus der Tür rannten, hielt mich Pfarrer Mayer an der Schulter fest, „Morgen bist Du und Anders zum Mittagessen eingeladen und anschließend dürft ihr im Pfarrkeller stöbern. Vielleicht findet ihr dort den Geheimgang zum Schatz von Veit Scharpf.“ Als er bemerkte, dass Odo noch an der Tür auf mich wartete, winkte er ihn heran, „Ihr seid doch Freunde, sonst hätte Magnus bestimmt nicht nach einem Namenspatron für Dich gesucht, oder?“ Odo nickte schüchtern, „Dann bist Du auch zum Essen eingeladen oder verträgst Du dich nicht mit Anders?“ Odo nickte nur und begann zu strahlen.

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